Re: Kernel und Module

From: Bernd Walter <ticso(at)cicely7.cicely.de>
Date: Fri, 9 Nov 2012 01:55:07 +0100

On Fri, Nov 09, 2012 at 09:24:00AM +1100, Peter Ross wrote:
> On Thu, 8 Nov 2012, Oliver Fromme wrote:
>
> >FreeBSD ist aber nicht "normal". Es gab auch bei FreeBSD
> >Punkt-Null-Versionen, die nicht so prall waren (4.0 war
> >nicht so der Bringer), aber 9.0 hat eine hervorragende
> >Qualität. Ich würde es jeder 8.x-Version vorziehen (es
> >sei denn, es sprechen bestimmte Anforderungen dagegen).
>
> Offensichtlich hat seit 4.0 auch ein Wechsel der Strategie stattgefunden.
>
> Wenn ich das recht verstehe:
>
> In früheren Versionen( bis 5?), war die ".0"-Release ein Meilenstein, wenn
> bestimmte Features implementiert wurden.

Ich finde (aus persönlicher Erfahrung) das Beispiel mit der 4.0
nicht wirklich passend.
Die 4.0 hat einges der durch die Neuerungen im 3'er Zweig, sowie auch
etliche noch ältere Fehler, bereinigt.
Die 2.x liefen allesamt recht gut, mit einige Abstrichen, bei denen man
dann einfach wusste, dass das nur bedingt funktioniert.
3.x war hingegen ein einbruch mit diversen Instabilitäten und auch
Performanceeinbussen, denen man in der Praxis nur sehr schwer aus dem
Weg gehen konnte.
Ich habe damals noch lange vor erscheinen der 4.0 Maschinen mit
4-current in Produktion genommen, weil die einfach um längen stabiler
und meist auch schneller waren, als Maschinen mit 3.x.
Und selbst heute noch muss man alte 4.x Maschinen extra tot schlagen.
Natürlich hatte die auch Bugs und spätere wurden noch stabiler, aber
im Vergleich zu 3.x war das meiner Erfahrung nach immer ein Gewinn.
Der nächste Instabilitäts-Einbruch kam dann mit der 5.x, was seit dem
immer weiter verbessert wurde.

> Dann hat man festgestellt, daß das unter "BSD-Perfektionisten" endlos
> lange dauert - na, noch nicht freigeben, da fehlt noch ein bißchen blaue
> Farbe;-)

Naja - die 4.x hat Stabilität, IPv6 und mit alpha den ersten 64-bit Support.
Es gab also durchaus Features, die für den Release verantwortlich waren.
Die 5.0 war eher so ein Kandidat, der rausgedrückt wurde, weil das mit
dem doch sehr arbeitsintensiven fine grained locking zu lange dauerte.
Ich habe die gesammte 5.x Reihe als Produktions-OS weitgehend vermieden.
Natürlich gab es auch Vorteile durch das bessere SMP in der 5'er Reihe,
aber SMP Maschinen waren damals noch etwas seltener und wer viel Plattenplatz
brauchte hat sich sicherlich am UFS2 erfreut, aber die war eben auch noch
nicht stabil.

Mal aus persönlicher Frustration off-topic eingeschoben:
4.0 mit IPv6 war vor mehr als 12,5 Jahren, als dezenter Hinweis an die
Leute, die noch immer schlafen.
Und die Zeit, dass Festnetzkunden eine eigene (dynamische) IPv4 Adresse
bekommen ist auch schon seit mehr als einem halben Jahr vorbei.
Das RIPE hat nur noch eine Notreserve und diversen ISPs gehen die Adressen
ebenfalls aus, dass die die Notbremse für Vergabe an Enduser gezogen haben.
Der Zugriff auf Webserver per IPv4 ist nur noch über massiven Overhead, wie
AFTR/CGNAT gewährleistet und immer mehr User leiden darunter.
IPv6 ist mehr, als einfach nur größere IP Bereiche (ein Irrglaube, dem ich
immer wieder begegne) - wer jetzt nicht wach wird hat immer weniger Zeit zu
lernen, bis der Kahn endgültig absäuft.
Es geht nicht zwangsläufig darum unbedingt heute alles für IPv6 klar zu
machen, aber damit beschäftigen sollte man sich schon, damit man das
dann wenigstens kann.

> Und so wurden zeitbezogene Meilensteine eingeführt: nächste .0-Release in
> einem Jahr(?) und dann mal sehen, was da alles unterzubringen ist.
>
> (Bitte korrigieren, wenn es nicht stimmt, es ist mein Eindruck, ich gehöre
> nicht zum FreeBSD-Team)
>
> Für mich als "Endanwender" heißt das, daß ".0-Versionen" wesentlich
> evolutionärer (denn revolutionär) als die Änderungen für 4.0 oder 5.0
> sind, so daß das Vertrauen in die Stabilität auch wesentlich größer ist
> als bei anderen (den "normalen";-) Projekten.

Das entsteht ja schon alleine durch die Tatsache, dass eben auch das drin
ist, was nicht in den Vorzweig gemerged wurde.
An genereller Stabilität hat es aber bei den .0'ern nur bei der 3.0 und
der 5.0 gemangelt und das war im Prinzip auch vorher schon langläufig
bekannt und es stand sogar auch in den Release-announcement der 5.0 drin,
dass das die 5.0 kein Release für jeden ist.
Es ist keineswegs so, dass sich intensiv damit beschäftigen muss, um
zu wissen, ob eine x.0 Version wenig empfehlenswert ist - man braucht
nur des lesens mächtig zu sein.

> Es ist allerdings für mich weniger ersichtlich, was alles so "am Köcheln"
> ist, wenn ich nicht regelmäßig -current und eine Handvoll mir
> interessanter technischen Mailinglisten lese.
>
> Welche Möglichkeiten habe ich, mich "schnell mal" über _wesentliche_
> Änderungen zu informieren, was z.B. in 10.0 Neues zu erwarten ist?

Das mag aber auch daran liegen, dass die großen Features momentan
ausbleiben.
2.x hat sich vom original UNIX endgültig abgezweigt
3.x hat SMP eingeführt
4.x hatte Stabilität, IPv6 und alpha
5.x hat fine grained locking für SMP eingeführt, aber war eher eine
    Interims-Relase, weil das zu lange gedauert hat
6.x bis 9.x hat nur noch Verfeinerungen im locking, sowie viele andere
kleine Features gebracht.
Sicherlich waren bei den Versionen auch Features dabei, die für viele wichtig
waren, wie dem neuen USB Stack oder SCTP, nur eben keines was von Anfang an
als großes Ziel auf der Fahne stand.

Soweit aus meinen Erfahrungen und Gedächtniss.
Man möge mich korigieren, falls das ein oder andere Detail nicht stimmt.

-- 
B.Walter <bernd@bwct.de> http://www.bwct.de
Modbus/TCP Ethernet I/O Baugruppen, ARM basierte FreeBSD Rechner uvm.
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Received on Fri 09 Nov 2012 - 01:55:17 CET

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