Re: Backup über Internet (und ZFS-"Vorsicht")

From: Polytropon <freebsd(at)edvax.de>
Date: Sat, 10 Mar 2012 02:42:33 +0100

On Fri, 9 Mar 2012 08:49:08 +0100 (CET), Oliver Fromme wrote:
> Polytropon <freebsd(at)edvax.de> wrote:
> > Einen Punkt, wo "plain old UFS" sicher besser als ZFS sein
> > dürfte, ist der Fall, daß _kein_ Backup besteht und man
> > sich in forensischer Analytik und Datenwiederherstellung
> > ergehen muß. Dann wird's bei ZFS haarig, insbesondere dann,
> > wenn Verkettung und Spiegelung von Platten ins Spiel kommen,
> > also nicht nur die "einfache" Version, daß lediglich eine
> > einzelne Festplatte betroffen ist. Natürlich hat UFS auch
> > so seine Tücken (sehr "schön" unter Solaris zu sehen, wenn
> > man versucht, gelöschte Inodes wieder auszugraben), aber
> > ZFS ist deutlich komplexer, was einen Wiederherstellungs-
> > wunsch ebenso komplex erscheinen läßt. Komplex heißt, es
> > dauert lange, und das heißt auch, es wird richtig teuer.
>
> Diesen Absatz kann ich nicht ganz nachvollziehen, um ehrlich
> zu sein. Wenn ich Dich richtig verstanden habe: Wenn man
> kein Backup hat, dann ist UFS besser, weil sein Aufbau
> simpler ist und man die Daten im Notfall einfacher vom Raw-
> Device kratzen kann.

Ja, ich denke, das wollte ich damit sagen. Die Komplexität
von ZFS für den Fall, daß man mit Wiederherstellungswerkzeug
eingreifen muß, ist deutlich höher. ZFS hat beispielsweise
auch kein separates fsck-Programm (klar, konzeptbedingt wird
das auch nicht gebraucht), und wenn man Daten lesen will,
weiß man nie genau, wo die sind.

Allerdings kann man das meiner Ansicht nach mit UFS auch
haben, wenn man gewisse RAID-Konstellationen (insbesondere
Plattenverkettung) einsetzt.

> Aber mit dieser Begründung muss man doch sagen, dass z.B.
> FAT (a.k.a. msdosfs) noch besser wäre, weil sein Aufbau noch
> viel simpler ist.

Hier muß man simplen Aufbau in die eine, Funktionalität in
die andere Waagschale werfen. Bei FAT wird man da sehr schnell
enttäuscht, bei UFS stellt sich ein gewisses Gleichgewicht
ein. So findet man FAT beispielsweise überall dort, wo man
"nur einfache Daten speichern" will (Digitalkameras ans
prominentestes Beispiel), aber OS-Funktionalitäten (Speichern
und Starten eines Betriebssystems, verwenden von Features
wie Zugriffsrechten, Flags, Specials etc.) können da nicht
so richtig implementiert werden.

Wie in so vielen Fällen ergibt sich also eine Überlegung
von Anforderung und passender Lösung; "one size fits all"
doesn't fit all. :-)

> Für FAT gibt es auch Recovery-Tools wie
> Sand am Meer.

In ye olden tymes konnte man, mit einem Hex-Editor bewaffnet
(vgl. aber auch DISKEDIT.EXE) schon so manches machen. :-)

Die in den Ports verfügbaren Tools sind ja wirklich sehr
nützlich, wenn's mal gekracht hat. Insbesondere dann, wenn
es _vor_ dem Backup (wenn man denn eins hat) passiert ist.
Wenn man eh keins macht, sollte man wenigstens den Umgang
mit Wiederherstellungstools erlernen. Was glaubste wohl,
wo ich meine diesbezüglichen Kompetenzen herhabe? ;-)

> Wobei natürlich bei FAT ebenso wie bei UFS
> gilt, dass man die Daten i.allg. nicht wieder zu 100%
> herstellen kann, wenn nach dem "Unfall" noch Schreibzugriffe
> stattfanden (hier stehen die Chancen bei einen CoW-basierten
> System wie ZFS erheblich besser!).

Völlig richtig. Und je nach verwendetem System kann man sich
des Nicht-Stattfindens von Schreibzugriffen nicht sicher sein.
Man _denkt_, es hätten keine mehr stattgefunden, und dennoch
sind "Rohdaten" überschrieben... "repariert" worden.

> Und wenn die Festplatte
> selbst nicht mehr mitspielen mag, kann man genau 0% wieder-
> herstellen. Ist also eigentlich kein Argument für UFS.

Gut, bei Hardwareschaden hört der Spaß eh auf.

> Und der zweite Punkt ist: Wenn man kein Backup hat, ist
> grundsätzlich davon auszugehen, dass die Daten nicht wichtig
> sind, d.h. im Falle eines Verlustes kann man entweder auf
> sie verzichten oder sie aus anderer Quelle ohne großen
> Aufwand wiederherstellen (typisches Beispiel: /usr/ports,
> /usr/src und /usr/obj brauchen in der Regel nicht gesichert
> zu werden).

Das erzähl' mal meinen "Kindlein" aus dem kleinen und
mittelständischen Gewerbe, wo "wichtige Geschäftsdaten"
nur auf einem (in Zahlen: 1) USB-Stick existieren, der
dann plötzlich von "Windows"... wie oben... sagen wir
mal "repariert" wurde und es zu einem Fett-, äh FAT-Verlust
kam, so daß ¢kå?!û?v.?7B, EÚC?%rxþ.??¤ oder .&.&@5 zu
typischen Dateinamen wurden.

Der Zeitaufwand zur Wiederherstellung war hier "noch
verhältnismäßig" und hat das Geschäftsjahr gerettet.

Fazit: Es mangelte schlichtweg an halbwegs professionellen
Arbeitsansätzen sowie dem Verständnis für Datensicherheit
(wo ich Backups durchaus mit einbeziehen würde). Ein
Verlust der Daten also wäre katastrophal gewesen, da
sie keinerlei Wertschätzung erfuhren; diese wird dann
durch den Lehrgeldbetrag auf der Rechnung antrainiert. :-)

Außerdem gehe ich davon aus, daß das nicht die Ausnahme,
sondern eher die Regel ist: "Geld sparen" kann man ja
auf die verschiedensten Weisen...

Natürlich hast Du hinsichtlich FreeBSD recht: Da gibt es
viele Dinge, die man im Grunde nicht (permanent) sichern
muß, da ihre Wiederherstellung besonders leicht ist oder
sie neu generiert werden können ("Bedarfsdaten").

Aber das sind ja keine wichtigen Gesschäftsdaten. :-)

> Daher denke ich, dass die (relativ geringe) Komplexität von
> UFS kein echtes Argument für seine Verwendung ist.

Bitte sieh es im Kontext "Wiederherstellung" und erlaube
mir, noch Geschwindigkeit (insbesondere auf älteren Systemen)
mit einfließen zu lassen. Wenn ich genug Bums auf der
Maschine habe, benutze ich natürlich ZFS. Nur geht das
nicht überall.

> Dass der interne Aufbau eines Dateisystems umso komplexer
> wird, je mehr Features es hat, ist natürlich einleuchtend.
> Das sieht man bei jedem modernen Dateisystem wie ZFS oder
> HAMMER. Aber Ziel einiger dieser Features ist es ja auch
> gerade, Spiegelungen und Backups zu vereinfachen und so
> gar nicht erst die Notwendigkeit aufkommen zu lassen, dass
> man sich mit der internen Komplexität auseinandersetzen
> muss.

Oder mit der Dateisystemreparatur oder gar -wiederherstellung.
Ich denke mal, gerade in dem Punkt ist ZFS ein ordentliches
Stück vorangekommen.

> > > Wir haben auch gelegentlich USB-Festplatten mit Vollbackups mit ins
> > > Flugzeug genommen, wenn wir eine neue Lokalität aufgesetzt haben..
> >
> > Und die Festplatten wurden nicht erschossen? :-)
>
> Kürzlich wurde ja bekannt, wie man solche Metallgegenstände
> am Körper tragen muss, damit man sie unerkannt durch die
> Nacktscanner bringen kann.

Das habe ich auch verfolgt, jetzt werde _ich_ verfolgt. :-)

-- 
Polytropon
Magdeburg, Germany
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Received on Sat 10 Mar 2012 - 02:42:44 CET

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