Re: DVD rippen - Anfänger

From: Oliver Fromme <olli(at)lurza.secnetix.de>
Date: Wed, 21 Apr 2010 11:19:45 +0200 (CEST)

Polytropon <freebsd(at)edvax.de> wrote:
> Oliver Fromme wrote:
> > Es ist richtig, dass man DVDs, die nicht nicht kopierge-
> > schützt sind (womit ich jetzt nicht speziell CSS meine, was
> > ja genaugenommen kein Kopierschutz ist, zumindest technisch
> > gesehen), für den Privatgebrauch kopieren darf.
>
> Die Rechtsfigur der Privatkopie wird durch die Interessens-
> vertretungen der Medienindustrie argumentativ weitestgehend
> nicht anerkannt.

Natürlich nicht. Die haben ja kommerzielle Interessen.
Aber glücklicherweise bestimmen sie nicht den Wortlaut der
Gesetze, und die gestatten in Deutschland nach wie vor das
Anfertigen von sogenannten "Privatkopien", sofern man dazu
keinen Kopierschutz umgehen muss.

> Was ein "Kopierschutz" ist, ist wiederum
> Stoff für einen jahrelangen Rechtsstreit.

Genauer gesagt: Es ist umstritten, was ein "wirksamer" Ko-
pierschutz ist. Einige Juristen stehen auf dem Standpunkt,
dass es schon genügt, wenn auf der Verpackung die Behauptung
steht, das das Medium kopiergeschützt sei. Und da man nicht
weiß, welche Ansicht der Richter hat, wenn es zu einem Pro-
zess kommt, muss man im Zweifelsfall von dieser Interpreta-
tion ausgehen, wenn man keinen Stress bekommen will.

Dies ist einer jener Fälle, wo die juristische Praxis weit
von der technische Realität (und vom gesunden Menschenver-
stand) entfernt ist. Man könnte jetzt darüber spekulieren,
wie viele Politiker dafür von den Lobbyisten der Content-
Industrie geschmiert wurden ...

> Nur mal am Rande: Wenn ich ein Bild male, dort in roter
> Farbe draufschreiben "Dieses Bild hat einen Kopierschutz
> und kann nicht kopiert werden!!!", mein Nachbar packt es
> dann auf den Kopierer und macht eine Kopie davon - ist
> es dann ein Kopierschutz?

Vorsicht -- Die Geschichte mit dem Kopierschutz gilt _nur_
für Audio- und Video-Datenträger! (Die Lobbyisten der
anderen Medienbereiche hatten wohl gerade die dicke Brief-
tasche daheim vergessen.)

Insbesondere darf man durchaus den Kopierschutz von Pro-
grammen (Software), die man erworben hat, umgehen (!), um
eine private Sicherheitskopie anzufertigen.

Wie es sich bei den Bildenen Künsten (Gemälde, Skulpturen,
Photographien, ...) und Literatur verhält, weiß ich leider
nicht. Zwar sagt einem der gesunde Menschenverstand, dass
man ein Gemälde nicht auf technische Weise wirksam gegen
Kopieren schützen kann (jedenfalls nicht, ohne auch das
normale Betrachten zu verhinden). Aber wie es sich mit dem
"gesunden Menschenverstand" bei Juristen verhält, habe ich
ja schon weiter oben angedeutet.

> Übertragen auf Un-CDs und Un-DVDs
> (das Präfix Un- zeigt an, daß der Datenträger und / oder
> ein Inhalt bewußt fehlerhaft hergestellt worden sind),
> die man teilweise auf dem deutschen Markt finden kann,
> stellt sich die Frage, ob ein Kopierschutz, der unter
> (beiepielsweise) FreeBSD nicht wirksam wird, weil er für
> "Windows" gemacht ist, überhaupt ein Kopierschutz ist.

Im Zweifel stellt der Anwalt der Klägerseite einfach sein
Notebook (natürlich mit Windows, bestenfalls mit MacOS) vor
dem Richter auf dem Tisch und demonstriert, dass man das
Medium mit "Standardsoftware" (also nicht AnyDVD o.ä.) nicht
kopieren kann. Falls der Richter meint, das Notebook könnte
manipuliert sein, wird sich bestimmt ein "Sachverständiger"
finden, der das Ergebnis reproduzieren kann.

Wenn Du dann mit Deinem FreeBSD und irgendeiner obskuren
Kopiersoftware (schlimmstenfalls ein Kommandozeilen-Tool)
kommst, die sonst kein Mensch im Saal kennt ... Naja, dann
hast Du den Kopierschutz halt ganz offenbar mit irgendeiner
Spezialsoftware umgangen. Klarer Fall. Ende Gelände.

Im Falle von DVDs sollte man auch im Hinterkopf behalten,
dass jeder legale, lizensierte Player (egal ob Soft- oder
Hardware) einen authorisierten Schlüssel enthält. Open-
Source-Software, die ein Auslesen der Videodaten ermöglicht,
muss daher zwangsläufig die Verschlüsselung "knacken".
Auch aufgrund dieser Tatsache hätte man vor Gericht nicht
gerade den besten argumentativen Standpunkt.

> Die Älteren auf der Liste werden vielleicht noch wissen:
> Der beste Kopierschutz ist immernoch ein gutes Handbuch. :-)

Andererseits: Software, die auf ein gutes Handbuch ange-
wiesen ist, hat erstens offenbar Mängel bei der Ergonomie
und intuitiven Bedienbarkeit, und zweitens auch keine gute
Online-Hilfe.

Wie man's auch dreht und wendet, irgendwo ist immer ein
Haken.

> Und was ist das "Auslesen der DVD", um das es eigentlich
> geht? Ist es mit "mount + cp" bereits verwirklicht, z. B.
> wenn man sich den Inhalt einer DVD auf die Platte kopiert?

Wenn das funktioniert und Du dann nutzbare Videodaten auf
der Platte hast, dann war die DVD nicht verschlüsselt und
nicht kopiergeschützt, somit war es legal.

(Mir ist kein OS bekannt, wo bereits der entsprechende
Kerneltreiber und/oder dd(1) eine Entschlüsselung o.ä.
eingebaut haben.)

> man die ISO-Datei vorher "in einem Stück" bereitstellen
> will, empfiehlt es sich, diese mit dd direkt einzulesen.
> Dies wären also zumindest meine Vorschläge, es zumindest
> mal zu probieren, bevor nach den KDE-Kanonen gegriffen
> wird, um auf die DVD-Spatzen zu schießen. :-)

Sobald die DVD einen Kopierschutz hat, wirst Du wohl schon
zu irgendwelchen "Kanonen" greifen müssen. Zumindest mit
mount+cp oder dd dürfte man da nicht weit kommen.

Gruß
   Olli

-- 
Oliver Fromme, secnetix GmbH & Co. KG, Marktplatz 29, 85567 Grafing b. M.
Handelsregister: Registergericht Muenchen, HRA 74606,  Geschäftsfuehrung:
secnetix Verwaltungsgesellsch. mbH, Handelsregister: Registergericht Mün-
chen, HRB 125758,  Geschäftsführer: Maik Bachmann, Olaf Erb, Ralf Gebhart
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"Above all, they contribute to the genetic diversity in the
operating system pool.  Which is a good thing."
  -- Ruben van Staveren, on the question which BSD OS is the best one.
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Received on Wed 21 Apr 2010 - 11:20:06 CEST

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