Re: Datensicherung mittels linux dd

From: Oliver Fromme <olli(at)lurza.secnetix.de>
Date: Tue, 30 Dec 2008 12:56:08 +0100 (CET)

Polytropon <freebsd(at)edvax.de> wrote:
> Oliver Fromme wrote:
> > Das ist
> > allesamt tausendmal schneller, und ich halte es auch für
> > verlässlicher als jegliche wiederbeschreibbare optische
> > Medien.

Sorry, da hatte ich mich unklar ausgedrückt (insbesondere,
wenn man es aus dem Kontext reißt). Mit »wiederbeschreib-
bare optische Medien« meinte ich speziell alles, was auf -RW
endet (CD-RW, DVD-RW, DVD+RW). Denen würde ich kein Bit
meines Backups anvertrauen.

Da DVD-RAM und PD-Medien die gleiche Technik verwenden, be-
trachte ich diese auch mit einer gewissen Skepsis, obgleich
sie nach meiner Erfahrung ein wenig besser sind, was wohl
zum einen daran liegt, dass sie sich in einem Caddy befin-
den (die PD immer, bei DVD-RAM ist es leider tendentiell
heutzutage nicht mehr die Regel), zum anderen aufgrund aus-
geklügelter Fehlerkorrektur und Bad-Block-Management (was
es bei -RW-Medien überhaupt nicht gibt), und schließlich
verwenden PDs und DVD-RAMs auch optimierte Materialien und
Fertigungsprozesse (dies ist der Hauptgrund, weshalb die
Hersteller bei DVD-RAMs eine 100fach höhere Wiederbe-
schreibbarkeit angeben als bei -RW-Medien), was sich im
entsprechend im Preis widerspiegelt.

Wie ich schon schrieb, spielen dagegen MOD-Medien in einer
anderen Liga. Sie verwenden eine andere Technik als die
oben genannten Medien, und sie sind meiner Erfahrung nach
unverwüstlich. Einer MO-Disk würde ich ein Backup immer
anvertrauen, im Gegensatz zu Medien auf Phase-Change-Basis.

> Na, da wäre ich mir nicht so sicher. Zum Zerstören einer auf
> der Unterseite einer CD oder DVD (ich rede hier von den gebrannten,
> nicht den gepreßten) genügt manchmal schon unsanfter Umgang
> bei dem Versuch, sie in eine Schachtel zu packen. Kaffee-
> flecken oder Stapelung auf Spindeln können das auch bewirken.

Naja, wer mit seinen Medien (egal welche) unsaft umgeht
oder sie nicht sachgemäß lagert, ist selbst schuld.

Bei CDs befindet sich die Datenschicht übrigens oben
(auf der Labelseite), nicht unten, obgleich sie von unten
beschrieben wird (durch das Trägersubstrat hindurch).
Ein Schaden auf der Oberseite hat daher meistens fatalere
Folgen als auf der Unterseite. Bei DVDs befindet sich
die Datenschicht dagegen zwischen zwei Substratscheiben
(die dafür nur halb so dick sind), d.h. es ist egal, auf
welcher Seite man rumkratzt. ;-)

> Der Vorteil der PD als magneto-optischer Datenträger liegt
> in dem physikalischen Prinzip, daß zum Ändern einer Information
> neben einem starken elektromagnetischen Feld auch noch hohe
> Temperaturen kommen müssen.

Nein. Da bist Du leider vollkommen falsch. Das ist
genau _nicht_ der Vorteil der PD.

PDs, genauso wie DVD-RAM und CD-RW und DVD-/+RW, sind
_keine_ magneto-optischen Medien, sondern Phase-Change-
Medien. Da gibt's kein elektromagnetisches Feld. Die
Daten werden allein mit einem Laser geschrieben, der
das Material erhitzt und dabei verändert. Je nach Laser-
Stärke werden unterschiedliche Temperaturen erzeugt, so
dass das Material entweder amorph oder kristallin wird.
Dadurch ändert sich die Reflektivität des Materials,
wodurch der Laser 0- und 1-Bits beim Lesen unterscheiden
kann. Dass das nicht beliebig oft geht, ist einleuchtend.

Das magneto-optische Prinzip, wie Du es beschrieben hast,
kommt dagegen bei MOD-Laufwerken, MiniDiscs u.a. zum Ein-
satz: Das Material wird mit einem Laser kurzzeitig erhitzt
und dadurch magnetisierbar gemacht. Ein normaler Magnet-
kopf ändert dann die Magnetisierungsrichtung. Im Gegensatz
zu Phase-Change-Medien wird das Material nicht verändert;
der Laser ist viel schwächer. Dies ist vermutlich der
Hauptgrund für die höhere Robustheit.

> Wenn ich mir was wünschen könnte, würde ich mir gewünscht haben,
> daß sich diese Mini-MDs durchgesetzt hätten.

Du meinst die MiniDisc? Die erfreut sich in Asien immer
noch großer Beliebtheit und wurde auch weiterentwickelt.
Hierzulande fristet sie leider ein Schattendasein, aber
sie wurde von den Herstellern leider auch nur kurze Zeit
gepusht (und nur halbherzig). Im Handel gibt es die
MiniDiscs aber zum Glück immer noch problemlos zu kaufen.
Ich nehme meinen MD-Player ab und zu gerne her; irgend-
wie gefällt mir das Handling auch in den Zeiten von mp3-
Playern immer noch.

> Die waren kleiner als CDs und brachten eine natürliche
> Umhüllung mit.

Es gibt auch MO-Disks im 5¼-Format. Die sind allerdings
nicht (mehr) besonders gängig. Ist aber dasselbe Prinzip
wie die MiniDisc.

> Wenn man dieses Format weiterentwickelt hätte,

Hat man. :-)

> Naja, die Lebensdauer aktuell hergestellter Festplatten ist
> mit der Lebensdauer von Platten aus den vorhergehenden Jahr-
> zehnten nicht vergleichbar. Aber dieser Effekt kommt ohnehin
> nicht zum Tragen, da die Platte früher zu klein ist und aus
> Kapazitätsgründen ausgetauscht wird, als daß sie das Ende ihrer
> natürlichen elektromechanischen Lebenszeit erreicht.

Bei den meisten meiner Festplatten ist die Gewährleistungs-
frist abgelaufen. Ich verwende Festplatten eigentlich
immer so lange, bis sie nicht mehr gehen. Wenn sie für
den einen Zweck zu klein sind, kann man sie immer noch für
etwas anderes gebrauchen. So sehe ich das zumindest.
In unserer Gesellschaft wird eh schon viel zu viel wegge-
worfen.

> Sehr "angenehm" fielen hier IBMs DTLA-Festplatten auf, die
> sich kurze zeit nach dem käuflichen Erwerb selbständig
> aufgelöst hatten. :-)

Ja, es gab da mal eine schlechte Serie, aber das kommt bei
jedem Hersteller mal vor. Ich erinnere da nur an bestimmte
Quantum Fireball-Serien, bei der die SCSI-Version sogar
schlechter war als die IDE-Version.

Aber das sind natürlich alles nur Wahrscheinlichkeiten.
Es gab auch DTLAs, die problemlos jahrelang liefen.
Und eine Quantum Fireball habe ich heute (!) noch in
Dauerbetrieb in einem privaten Server:

da0 at sym0 bus 0 target 0 lun 0
da0: <QUANTUM FIREBALL_TM3200S 300X> Fixed Direct Access SCSI-2 device
da0: 10.000MB/s transfers (10.000MHz, offset 8)
da0: Command Queueing Enabled
da0: 3067MB (6281856 512 byte sectors: 255H 63S/T 391C)

Die muss jetzt an die 12 Jahre alt sein.

> In puncto Garantiefall bleibt zu bemerken, daß das vorgeschlagene
> Doppelplattensetting es erlaubt, die Garantie-Rück-Platte mit
> dem Inhalt der 2. Weglegeplatte zu synchronisieren, so hat man
> wieder denselben Inhalt auf zwei Platten.

Ja, das ist ein weiterer Grund, warum man unbedingt ab-
wechselnd auf mindestens zwei Medien (egal ob Platten
oder andere) sichern sollte.

> Hat man aber nur eine,
> ist das ungünstig, denn in Garantieleistungen ist Datenwiederher-
> stellung (ich stehe selbst immernoch vor dem Problem) meines
> Wissens nach nicht einbegriffen, so daß man eine leere (neue)
> Platte zurückbekommt.

Ja, in den Garantieleistungen der Hersteller ist natürlich
keine Recovery enthalten. In der Regel bekommst Du ein-
fach eine neue Festplatte, weil alles andere viel zu teuer
wäre.

Für Recovery gibt es Spezialfirmen, die Daten von physika-
lisch zerstörten Festplatten herunterholen (auch nach
Bränden oder sonstigen massiven Schäden). Das ist natür-
lich entsprechend teuer, weil es langwierige manuelle
Laborarbeit mit Spezialausrüstung erfordert, und häufig
kommen sie auch nicht mit »nicht-standard« Dateisystemen
(wie UFS) klar, d.h. Du bekommst dann maximal die Rohdaten
geliefert, aber keine funktionierendes Dateisystem.

Recovery auf OS- und Anwendungsebene ist halt eine andere
Sache als auf Hardware-Ebene, z.B. Wiederherstellung von
Filesystem-Strukturen (Verzeichnisse, Dateinamen), Daten-
banktabellen usw., weshalb manchmal zwei Firmen mit dem
Recovery beauftragt werden: Eine, die sich auf die physi-
kalische Rettung spezialisiert hat und sozusagen »die Bits
von der Scheibe kratzt«, und eine, die sich mit dem jewei-
ligen OS und den Anwendungen auskennt und sozusagen die
Bits wieder zu benutzbaren Dateien zusammensetzt.

Letzteres hat meine Firma auch schon in mehreren Fällen
erfolgreich durchgeführt. Solange es nur ein paar Bad-
Blocks gibt, aber die die Platte per-se noch funktioniert
und sich am Controller meldet, stehen die Chancen eh
relativ gut. Da muss man meistens kein Labor bemühen.

Gruß
   Olli

-- 
Oliver Fromme, secnetix GmbH & Co. KG, Marktplatz 29, 85567 Grafing b. M.
Handelsregister: Registergericht Muenchen, HRA 74606,  Geschäftsfuehrung:
secnetix Verwaltungsgesellsch. mbH, Handelsregister: Registergericht Mün-
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"We, the unwilling, led by the unknowing,
are doing the impossible for the ungrateful.
We have done so much, for so long, with so little,
we are now qualified to do anything with nothing."
        -- Mother Teresa
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Received on Tue 30 Dec 2008 - 12:56:14 CET

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