Re: Software-Qualität (was: Nischensysteme...)

From: Bernd Walter <ticso(at)cicely8.cicely.de>
Date: Fri, 13 Dec 2002 06:02:25 +0100

On Fri, Dec 13, 2002 at 01:06:17AM +0100, Thomas Wilde wrote:
> Hi !
>
> > Ich verstehe die ganze Diskussion um das Thema irgendwie
> > nicht. [...]
> > Niemand
> > wundert sich, daß ein Schraubendreher kaput geht, wenn er von
> > jemanden ohne geeignete Qualifikation benutzt wird.
>
> Du kennst doch sicher diese Billig-Schraubenzieher, die man auf dem
> Oktoberfest am schießstand gewinnen kann ? Schlechte Qualität, deshalb
> kann auch der Größte Experte sehr fest angezogene Schrauben nicht lösen,
> ohne das sich sein Werkzeug verbiegt. Ergo ist auch die
> Werkzeug-Qualität von hoher Bedeutung. Darüberhinaus hinkt das Argument

Natürlich ist die Qualität von Bedeutung.

> mit der Bezahlbarkeit eines Helfenden Schaubenziehers, weil es bei einer
> Software viel einfacher (deshalb auch günstiger) ist, dem Benutzer zu
> helfen als bei einem Schraubenzieher.

Nein - wenn ich einen Großteil der bezahlten Maschinenleistung darin
stecke einem Anwender die Möglichkeit zu bieten bei einer Text-
verarbeitung die Schriftwahl per Maus zu ermöglichen, dann ist das
nichts weiter als eine Verführung zu unergonomischen Arbeiten.
Fazit: Schneller Anfangserfolg zulasten des dauerhaften Komforts.

> Aber um beim Beispiel zu bleiben: der Schraubenzieher ist sozusagen
> ergonomisch gestaltet, nämlich der Hand mehr oder weniger angepasst. Er
> verkörpert also eine Höchstform an Benutzerfreundlichkeit, weil er
> intuitiv zu bedienen ist.

Intuitiv zu bedienen?
Erzähl das mal den Leuten, die Schrauben rechtsrum rausschrauben
wollen.
Erzähl das mal den Leuten, die auch Schraubendreher guter Qualität
kaputbekommen, weil die einfach nicht mit umgehen können.

> Im OS-Bereich muß man da natürlich Kompromisse eingehen, weil jede
> Vereinfachung u.U. ein Feature eleminiert oder es zumindest dadurch
> schwerer zu bedienen ist.
>
> > Jemand, der einen
> > Schraubendreher richtig benutzen kann wird auch wesentlich
> > eindrucksvollere Dinge damit bewerkstelligen können.
>
> Sicher, aber wenn der Laie nur eine einfache Schraube lösen will, kann
> er das in jedem Fall. Wenn der Laie an einem komplexen System arbeitet,

Das halte ich für ein Gerücht.
Die Tatsache, daß sehr viele damit umgehen können ist nicht gleich-
bedeutend damit, daß es besser ist, sondern einfach nur, das man viel
bessere Möglichkeiten hat es richtig gezeigt zu bekommen.
Ein Schraubendreher hat halt eine viel längere Tradition.

> kann viel mehr schiefgehen, OBWOHL es ganze Wissenschaftsbereiche gibt
> die sich mit Mensch-Maschine-Schnittstellen etc. befassen.
> Bei einer vernünftigen Oberfläche müssten der Laie und der Profi
> grundsätzlich die selben Funktionen ausführen können, der Profi dies
> allerdings schneller und noch beliebig customized. (Funktionen hier auf
> den Bereich reduziert der für einen reinen Anwender interessant ist, der
> sich also z.B. in keinster weise um seine net-interfaces kümmern will).

Nur kann der Profi mit einem Laieninterface oft nichts anfangen.
Das liegt zum Teil daran, daß Funktionen reduziert wurden und zum
Teil daran, das es fürs schnelle Arbeiten einfach unpraktikabel ist.
Ich denke da nur an Windows (US) ALT+F S für Menü File Save.
Ups - Verdammt - warum ist das bei einer Deutschen Version blos
Menü Fenster Schließen...

> > Niemand
> > wundert sich darüber. Warum ist es aber so schwer zu
> > begreifen, daß ein Computerprofi mit einem Computer mehr
> > bewerkstelligen kann als jemand anders?
>
> Warum sollte ich mir für sehr viel Geld Software kaufen, deren einzige
> Aufgabe es ist, Funktionen auf eine Weise zu aggregieren, dass ich sie
> bequem und einfach bedienen kann (nicht als Techniker, als Anwender) ?
> Das Ziel einer Entwicklung von Konsumenten-Software sollte eigentlich
> nur der Laie sein, denn der würde ja vorrangig damit arbeiten. U.a.

Um wieder ein paar Mails zurückzugreifen.
FreeBSD ist kein Konsumerbetriebssystem und wird es vermutlich niemals
werden - aber deshalb ist es denoch Multimediageeignet.
Um weiter zurückzugreifen.
Warum sollte ich BeOS und FreeBSD gleichzeitig installieren.
Wenn ich mit FreeBSD umgehen kann - wozu brauche ich dann noch BeOS?
Und wenns schon nicht gleichzeitig installiert ist, wer braucht dann
noch die Fähigkeit in FreeBSD BeOS Filesysteme zu lesen?
Klar bei Windows gibt es von Zeit zu Zeit ein paar Nervende Probleme,
weil Windows leider bei vielen default ist.
Das ist wohl auch der Grund, warum die Windowsfilesysteme von FreeBSD
zumindest lesbar sind.

> durch die ersten Windosen sind wir ja erst zu der pervertierten Form
> gekommen, daß der 0815-User zunächst lernen musste, was
> CONFIG.SYS/AUTOEXEC.BAT und WIN.INI so zu bedeuten haben, damit er dann
> auch einen großteil seine SW ausführen konnte. Zugegeben, das ging
> damals noch nicht viel besser aufgrund der Entwicklung und der chaotisch
> verlaufenen/verlaufenden Standardisierung; aber mittlerweile gibt es
> doch da genug Mittel und Wege.
>
> > Was gebraucht wird sind nicht anwenderfreundlichere Computer,
> > sondern geschulte Anwender. Jemand der das nicht lehrnen will
> > sollte auch nichts anderes Erwarten.
>
> oder Programmierer, die sich einen Laien als Anwender vorstellen können.
> Ich geben zu, daß ich das auch nicht mehr kann; ich entwickle selber
> derzeit an einer komplexen Applikation mit und bin mit diesem Problem
> deshalb täglich konfrontiert.

Genau deshalb wird es freie Software auch schwer haben den Laien zu
bedienen.
Man programmiert halt in erster Linie für sich selber.

-- 
B.Walter              COSMO-Project         http://www.cosmo-project.de
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Received on Fri 13 Dec 2002 - 06:02:46 CET

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