Re: oberflaechlich-einfach

Peter Much <pmc(at)citylink.dinoex.sub.org> wrote:
> Was mich interessiert: wo ist der Rest geblieben? Wo sind
> jene 5% hin, die es immer gibt und die einer Kultur Sinn
> und Inhalt geben und die schlimmsten Auswuechse an Unsinn
> verhindern? Oder kommt es mir nur subjektiv so vor, dass
> der Wahnwitz immer galoppierender voranschreitet?

Das fällt mir auch auf, besonders in den Bereichen Compu-
ter, Internet etc.

(Nachfolgendes ist reine Spekulation und beruht auf eigenen
Eindrücken und Erfahrungen von mir. Bitte mit Vorsicht ge-
nießen.)

Es könnte daran liegen, daß Computer und das Internet in-
zwischen nahezu zur Grundausstattung eines Haushalts gehö-
ren, wie ein Fernseher und ein Telephon. Das Problem da-
bei ist nur, daß man bei einem Fernseher oder einem Tele-
phon nicht viel falsch machen kann. Wer eine Rufumleitung
einstellen kann, mag von sich schon behaupten, daß er sich
mit dem Telephon sehr gut auskennt.

Nun scheinen manche (oder sehr viele?) Leute dazu zu nei-
gen, dieses auch auf Computer zu übertragen. Wer es
schafft, sich per »Wizard« eine DFÜ-Verbindung zu konfigu-
rieren, kennt sich mit Computern sehr gut aus. Wer weiß,
wie man auf einen FTP-Server zugreift, ist ein Internet-
Experte. Wer schonmal ein VB-Skript gesehen hat (und ver-
standen zu haben glaubt), kann programmieren.

Erinnert sich noch jemand an das Internet aus der Zeit vor
AOL? Man wird oft belächelt, wenn man sagt, früher sei
alles besser gewesen -- aber es war wirklich so.

Leute wie Du und ich (und Jörg, Bernd, Christian, Andreas,
Greg usw.) sind heutzutage einfach eine Minderheit. Es
gibt kaum noch Leute, die eine Ahnung haben, was unter der
der Oberfläche ihres Systems vor sich geht. Wenn ich auf
der Windows-Kiste meines Vaters ein DOS-Fenster aufmache,
ist das für ihn nicht mehr weit von Zauberei entfernt.

»Any sufficiently advanced technology is indistinguishable
from magic.« -- Arthur C. Clarke.

Nur scheinen die meisten Leute heutzutage recht anspruchs-
los zu sein, was das »advanced technology« betrifft. Auch
Windows XP erfüllt primitivste Anforderungen an Ergonomie
nicht -- z.B. daß ein Dialog im gleichen Zustand aufgeht,
in dem er zuletzt geschlossen wurde, oder eine einstellbare
Tastenbelegung. Aber solche Mängel fallen den meisten Be-
nutzern gar nicht auf -- sie sind es gewohnt, sich dem Com-
puter anzupassen. Genauso, wie sie es gewohnt sind, bei
unbekannten Problemen zu rebooten, oder, wenn das auch beim
zweiten und dritten Mal nicht geholfen hat, Windows neu zu
installieren.

Möglicherweise ist das aber in anderen Wissensbereichen
ganz genauso. Jemand, der Medizin studiert hat, bekommt
sicherlich auch das kalte Grausen, wenn er sieht, was in
der Bevölkerung so alles an Hausmittelchen und Roßkuren
angewandt wird. Wir sind also sicherlich nicht allein.

Gruß
   Olli

PS: Ein Gutes hat das ganze immerhin: Unsereins wird
nicht so rasch arbeitslos.

PPS: http://www.secnetix.de/~olli/fun/MS_BUG.gif

PPPS: Ist doch ganz gut, daß wir die -chat Liste haben.
;-)

-- 
Oliver Fromme, secnetix GmbH & Co KG, Oettingenstr. 2, 80538 München
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