Re: Aktuelles OpenOffice ohne Schnickschnack als Paket

From: Polytropon <freebsd(at)edvax.de>
Date: Sun, 21 Mar 2010 05:02:31 +0100

On Sat, 20 Mar 2010 14:02:45 +0100 (CET), Oliver Fromme <olli(at)lurza.secnetix.de> wrote:
> Hallo zusammen ...
>
> Wenn ich gemein wäre, könnte ich jetzt sagen: Wer mit
> einem Microsoft-Office-Clone arbeiten möchte (OpenOffice
> ist im Grunde genommen nichts anderes), muss damit rechnen,
> dass es auch die gleiche Hardware-Ausstattung erfordert.
> Ein aktuelles MS-Office läuft auch nicht besonders gut auf
> einer 8 Jahre alten Hardware. (Den 1,5 Ghz Athlon gab's ab
> 2001.)

Aber da Du nicht gemein bist, fühle ich mich auch gar nicht
angesprochen. Auch bin ICH es NICHT, der sowas benutzen will.
Meist verliere ich kaum ein gutes Wort über OpenOffice (halt
nur dann, wenn ich seine Überlegenheit gewissen anderen
Produkten gegenüber herausstellen will), da für mich LaTeX
seit vielen Jahren die Stelle von "Textverarbeitung" ein-
genommen hat. Auch meine Adressen speichere ich nicht in
einer Tabelle, so daß mir das eigentlich egal sein sollte.

Ist es aber nicht, da ich versuche, mit moderater Hardware,
und das IST eben solche Hardware, die schlichtweg noch gut
funktioniert, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, die auch
für Leute mit merkwürdigen Gedankengängen nutzbar sein
soll. Dabei will ich nichts neu erfinden!

Was Deine Annahme, man müsse für aktuelle Software auch
aktuelle Hardware haben, anbetrifft, so bin ich anderer
Meinung, insbesondere dank meiner "jahrelangen" Reise
mit FreeBSD.

Seit 4.0 bin ich dabei und kenne es vom Server wie auch
von der Workstation. Immer, wenn ein neues Release
angekündigt wurde, konnte ich mich freuen - denn das
bedeutete, daß das System auf DERSELBEN Hardware nach
der Aktualisierung nun noch schneller und besser laufen
würde. In diesem Punkt bin ich von FreeBSD noch nie
enttäuscht worden. Daher an dieser Stelle auch nochmal
mein Dank an alle, die an FreeBSD mitarbeiten und diese
Erfahrung immer wieder möglich machen.

Anders sah es auf dem Desktop aus. Mit einem 150-MHz-P1
fing alles an, und selbst unter diesen Umständen, die
sich heute kaum noch einer vorstellen kann, konnte man
mit FreeBSD einen Arbeitsplatz aufbauen, der entsprechende
Abprodukte gewisser Hersteller in den Schatten stellte.
Nur mal zur geistigen Vorstellung: Ich lade ein ISO per
FTP herunter, höre MP3-Dateien, compiliere ein Programm,
brenne eine CD (DVDs waren damals noch Hexenwerk) und
surfe mit Opera - und alles bleibt bedienbar! Wenn ich
mir das heute so anschaue... naja, ich will nicht
ungerecht erscheinen, denn viele Software hat sicher
ihre Daseinsberechtigung, aber wenn sich heute Leute in
vergleichbaren Situationen über stockende Musik oder
stehenbleibende Programme aufregen, dann kann ich das
kaum verstehen. Zugegeben, in jedem "Datei öffnen"-Dialog
steckt heute mehr Software als in FreeBSD 4.0, aber
wenn man sagt, in voller Absicht sagt, daß man "nur"
das und das machen will, man aber quasi "gratis" noch
einen riesigroßen Batzen Zeux auf's System geschmissen
kriegt, denn man in 100 Jahren nicht anguckt, dann
stimmt mich das schon etwas traurig.

Warum das so ist? Laß mich von FreeBSD auf der Workstation
mal zum Server schwenken. Vergleichbare Situation: Es
werden System und Programme aktualisiert. Das ist kein
großes Ding und kann gern als Nachtjob laufen. Bisher
war mein Eindruck hier das, was ich bereits eingangs
sagte: Es wird besser, nicht schlechter.

Warum ist das bei "typischen" Serverapplikationen
möglich, bei "typischen" Desktopapplikationen aber nicht?
Warum kann hier die "durchschnittliche insgesamte
Arbeitsgeschwindigkeit" (gemessen, oder besser gefühlt
auf derselben Hardware) nicht erhöht, ja nichtmal
gehalten werden?

> Man muss OpenOffice eigentlich sogar zugutehalten, dass es
> auf solcher Hardware sogar noch halbwegs anständig läuft,
> nur beim Bauen (bzw. Compilieren) ist es ein bisschen
> anspruchsvoller.

Das ist richtig, und daher habe ich mit dem Bauen von
Software ja eigentlich auch kein Problem - es sollte
eben nur eine Option sein, kein Zwang.

Bei so vielen anderen Programmen kann ich mir das ja
auch aussuchen, und bei einigen gibt's auch unterschied-
liche Pakete entsprechend existierenden Optionen. Natürlich
ist mir klar, daß es für n optionen 2^n Pakete geben
müßte, und da sehe ich auch ein, daß das nicht möglich
ist.

Früher, Du wirst das wissen, konnte man "pkg_add -r de-openoffice"
machen und bekam ein OpenOffice in Minimalausstattung.
Alles optionale konnte nachinstalliert werden. Heute
wird doch so viel von Modularität in der Software
gesprochen, und da muß ich nun bei der Herstellung
der Software entscheiden, welche Sprache ich will?
Oder welches Druckersystem?

Wenn ich mal spinnen darf: Mir schwebt sowas vor wie
"pkg_add -r de-openoffice3", was ein 3er OO in deutscher
Sprache installiert. Will man nun optionale Komponenten
mit Absicht haben, dann macht man "pkg_add -r ooo3-cups"
oder "pkg_add -r ooo3-kde" oder sowas. Und wenn das
mit den Sprachen zu umfangreich ist, dann sollte man
die auch als Binärpaket nachladen können.

> Dass es fertige Pakete nicht »offiziell« gibt (also von
> *.freebsd.org), liegt einfach daran, weil es fast unendlich
> viele Möglichkeiten gibt, das Ding zu compilieren, und
> jeder hat andere Anforderungen an die Optionen. Multipli-
> ziert man das mit der erheblichen Größe des Pakets, ergibt
> sich ein Platzbedarf, der die FTP-Server bei weitem
> sprengen würde. Und warum sollten z.B. auf den deutschen
> Mirrorn etliche Gigabyte mit OO-Paketen für Japan, Korea,
> Russland usw. herumliegen?

Da hast Du völlig recht.

> Daher überlässt man es nationalen Benutzergruppen, eine
> Reihe von Paketen selbst zu bauen und dem jeweiligen (hier
> z.B. den deutschsprachigen) Nutzern zur Verfügung zu
> stellen, soweit sie es nicht selbst bauen können oder
> wollen. Das ist erheblich effizienter.

Stimmt. Daher bezog sich meine Frage, verbunden mit einem
Schwall philosophischer Betrachtungen, ja primär auch
auf diese Bezugsquelle. :-)

> Das ist auf den ersten Blick natürlich weniger bequem,
> als wenn man einfach pkg_add -r von seinem Standard-FTP-
> Mirror machen könnte. Und es erfordert ein wenig Orga-
> nisation bzw. Koordination innerhalb der nationalen
> Benutzergruppe. Aber das lässt sich leider nicht so
> einfach ändern.

Wenn man *weiß*, wie es läuft, ist das ja im Grunde auch
kein Problem.

Da fällt mir ein: Wenn diese Idee sich in das Ports-System
integrieren ließe, und damit vielleicht portmaster oder
portupgrade (wenn schon nicht pkg_add) beeinflussen ließen,
man also quasi einen Port hat, der nur aus einem Makefile
besteht, in dem die zur Verfügung stehenden Pakete mit
den jeweiligen Optionen registriert sind - und natürlich
auch die Quelle, wo sie herkommen -, dann wäre das eine
Umgehung von "man muß wissen, wo es liegt".

In diesem Zusammenhang könnte ich mich auch über Java
aufregen, aber das verschiebe ich auf ein anderes Mal. :-)

> PS: Ich persönlich verwende LaTeX, was auch auf 15 Jahre
> alter Hardware noch gut funktioniert und sich auch ohne
> Probleme bauen lässt.

Öhm... war da nicht was wegen teTeX und / oder TeXlive?
Wieder ein "oder" zu viel. :-)

Ich selbst bin kurz vor Ende der Schule mit LaTeX angesteckt
worden und habe es während des Studiums dermaßen kultiviert,
daß ich es mittlerweile zum Standardwerkzeug für nahezu
jede Textverarbeitungsanwendung sehe; dabei tue ich LaTeX
unrecht, wenn ich es so nenne, denn es ist ein Textsatzsystem,
also die nächsthöhere evolutionäre Stufe nach Textverarbeitung.

> Allerdings ist das nicht für Leute
> geeignet, die einen MS-Office-Clone haben möchten.

Möchten? Nein, die Leute, die Du meinst, "müssen" es. :-)

Komisch eigentlich... wenn ich daran denke, daß dieselben
Leute früher mal mit WordStar, TP oder Texteditoren
in Dokumenten voller ^XYZ-Steuerzeichen ansprechende
Betriebskorrespondenz auf Typenraddruckern erstellen
konnten, es heute aber kaum noch für eine typographische
Lachnummer voller Rechtschreibfehler auf dem geleasten
10.000-Euro-Laserdrucker reicht...

> Und falls ich mal etwas an eine Druckerei liefern muss,
> nehme ich scribus (ports/print/scribus) und LCMS (ports/
> graphics/lcms) für die DTP-Endstufe.

Interessant - werde ich mir mal ansehen, um meinen
erwiesenermaßen etwas niedrigen Horizont zu erweitern.

-- 
Polytropon
Magdeburg, Germany
Happy FreeBSD user since 4.0
Andra moi ennepe, Mousa, ...
To Unsubscribe: send mail to majordomo(at)de.FreeBSD.org
with "unsubscribe de-bsd-questions" in the body of the message
Received on Sun 21 Mar 2010 - 05:02:42 CET

search this site