Re: Eine "Verbindungs-Uhr"

From: Peter Ross <Peter.Ross(at)alumni.tu-berlin.de>
Date: Wed, 11 Sep 2013 10:46:33 +1000 (EST)

Hallo Olli,

danke für die Antwort.

On Tue, 10 Sep 2013, Oliver Fromme wrote:

> Peter Ross wrote:
> > Eine der Motivationen zur Verwendung von Open Source für mich ist das
> > Gefühl, zu wissen, was mein Computer macht.
> >
> > Ich habe recht wenig Vertrauen darin, was z.B. Windowscomputer tun, noch
> > weniger irgendwelche Freeware, und ich habe wenig Lust, die mit
> > Antivirus-Software und Firewalls einzusperren, besser ist es, solche
> > undurchsichtigen Geräte gar nicht erst zu haben.
> >
> > Mit Android (nicht zu reden von iOS) bin ich wieder an dem Punkt, daß ich
> > nicht weiß, was diese Teile tun.
>
> Das wusste ich noch bei keinem Handy. Auch meine alten
> Gurken, die noch keine Smartphones waren, waren vollständige
> Computer mit Speicher, teilw. Java-Interpreter, Kamera und
> anderem Krempel. Bei Smartphones -- egal ob iOS, Android,
> Windows oder sonst etwas -- ist es eigentlich nur quantitativ
> "schlimmer", nicht qualitativ. Wobei erschwerend hinzukommt,
> dass man aufgrund der verbesserten Fähigkeiten auch mehr mit
> den Geräten anstellt.

Das stimmt.

Ums mal so zu sagen, ob ein Kühlschrank seine Temperatur an den Hersteller
übermittelt, ist mir relativ egal.

Der Computer nimmt einen weitaus wichtigeren Platz in meinem, und vieler
Leute, Leben ein. Wenn ich nicht in der Lage bin, diesen soweit zu
kontrollieren, daß ich mir sicher bin, meine privatesten Gedanken und
Dokumente nicht heute morgen von einer Facebook-App ausgelesen werden,
will ich dieses Gerät nicht mehr nutzen.

Das dies ein wesentlich akuteres Problem ist, hat zwei Gründe: der eine
ist die mangelnde Etikette und das Unrechtsbewußtsein der Industrie, die
ihre Kundschaft inzwischen soweit trainiert hat, daß selbst rüdeste
Verletzungen der Privatsphäre ("Oh, wir haben ihr Adreßbuch ausgelesen.
Das machen doch alle so, das haben wir nur vergessen abzuschalten") kaum
noch bemerkt werden. Wir haben uns inzwischen soweit an die
Totalüberwachung gewöhnt, daß die meisten nichtmal bei der Sammelwut der
Geheimdienste aufschrecken.

Der zweite ist die Unkontrollierbarkeit unserer Verbindungen. Selbst
Microsoft hat gelegentlich etwas in der Kommunikation zur Zentrale
"abgespeckt", weil man eben doch anhand des Modems, welches zwischen PC
und Internet hängt, sehen und auch blocken konnte, was denn der
Windows-Computer so treibt.

Dieses Monitoring ist mit Smartphones und Tablets kaum noch möglich, da
sie sich unkontrolliert mit dem Internet verbinden und wir kaum in der
Lage sind, zu sehen, was es denn so tut.

Schon das Blocken von Ports benötigt ein entsperrtes Gerät, welches mir
der Hersteller am liebsten verbieten möchte und gerademal "halblegal"
ist.

Es ist ab zu sehen, daß die Smartphones und Tablets mehr oder minder den
Computer für viele ablösen. Meine Tochter geht an ein College, in dem
alles mit dem iPad gemacht wird. Kein Entrinnen.

Darauf nicht die Software meiner Wahl installieren zu können ist geradezu
ein Schritt zurück in die Steinzeit für mich

(und Apples Software manchmal auch. Sie hat einen e-Mail-Account auf einem
IMAP-Server und die Mail-App ist nicht mal in der Lage, die geschickte
e-Mail im Sent-Folder abzulegen).

> Davon abgesehen: Wer sagt Dir, dass die Kamera tatsächlich
> ausgeschaltet ist, wenn Du den Schalter, an dem "Kamera"
> steht, auf "aus" stellst? Schraubst Du das Handy auf und
> untersuchst die Platine? In der Praxis wären wohl solche
> Schalter, wenn es sie gäbe, mit den GPIO-Pins des Prozessors
> verbunden, d.h. man muss wiederum der Software vertrauen,
> dass sie beim Umlegen des Schalters das Richtige tut.

Das ist schon richtig. Aber das würde wohl auffallen, wenn unter Open
Source das Gerät nicht das tut, was es soll. Insofern ist die Installtion
von Open Source auch ein "Funktionstest" für Hardware.

> Aber das ist eh alles nur Gedankenspielerei, die Tendenz
> geht ja eher in die andere Richtung, d.h. alles Mechanische
> abzuschaffen. Mein aktuelles Smartphone hat nur noch drei
> echte Tasten: an/aus und die Lautstärketasten. Und wenn
> man's genaunimmt, kann man auf diese eigentlich ebenso
> verzichten. Ich würde es begrüßen: Tasten, die nicht
> vorhanden sind, können nicht verschleißen und ausfallen.
>
> > Deine Gedanken zu Android 4.3: Ich kann es nicht mal problemlos auf ein
> > anderes Android-Gerät draufspielen, "dank" der Herstellerabhängigkeit bin
> > ich darauf angewiesen deren oft veraltete Software zu verwenden.
>
> Ja, aufgrund unterschiedlicher Hardware braucht jedes Handy-
> modell natürlich eine speziell dafür gebaute Android-Version.

Auf dem Stand waren wir mit Linux und Co. auch mal. Gibt's dafür auch
einen Linux-Treiber? Teilweise ist das ja auch so.

> Für die Hersteller ist jedes Update ein gewisser Aufwand,
> insbesondere wenn sie noch eigene Spezialitäten integrieren
> (z.B. Sense bei HTC, TouchWiz bei Samsung usw.), was die
> meisten tun, da sie sich von der Konkurrenz abheben wollen.

Das ist GUI?

Wenn meim Gerät unter Linux oder FreeBSD läuft, ist es ja egal, ob ich
darauf KDE oder Gnome zu laufen habe.

> > Nicht zu reden davon, daß es kaum möglich ist, ein FreeBSD oder Linux
> > drauf zu installieren.
>
> Wobei Android auf Linux basiert (auch wenn das nicht auf den
> ersten Blick zu sehen ist), und iOS auf Darwin und somit im
> weitesten Sinne auch auf FreeBSD.

> > Ich denke tatsächlich an eine Uhr, die alle meine Verbindungen regelt.
> > Wenn die verfügbar ist und als Gateway zur Verfügung steht, dann können
> > alle Geräte dahinter einfache IP-fähige Geräte sein, daß würde Bemühungen,
> > echte Open Source auf diesen zu implementieren sehr nützen, da die
> > Abhängigkeiten von 3G-,GPS-Modulen und sonstwas wegfallen.
>
> Aber würde das das Problem nicht lediglich vom Smartphone
> in die Uhr verlagern? Wäre damit wirklich etwas gewonnen?

- Kapselung der Verbindung vom Rest des Systems
- Erhöhung der Sicherheit der dahinter "verborgenen" Geräte
- Konfigurierbarkeit und Überschaubarkeit der Verbindungen
- Offene Standards, um "zusätzliche" Funktionen auf IP-Geräte zu
   übertragen (SMS zu Mail, GPS-Abfrage)
   Dies kommt jedem Gerät zugute.
- Austauschbarkeit der Verbindung zur Außenwelt

Wie gesagt, ich sehe das Tablet und Smartphone als "das Allzweck-Gerät der
näheren Zukunft" für die meisten Anwender. Dem die Verbindung relativ egal
ist.

Wenn die Verbindung unabhängig ist, bin ich in meiner Auswahl dahinter
freier.

> Davon abgesehen: Ein Modul brauchst Du in jedem Fall,
> nämlich eines, um mit der "Uhr" zu kommunizieren, also WLAN,
> Bluetooth, ZigBee oder etwas Ähnliches. Und da hast Du
> wieder Closed-Source. Ich kenne kein einziges WLAN- oder
> Bluetooth-Modul, dessen Firmware Open-Source wäre.

Es gibt aber eine Vielzahl von solchen Modulen, mit denen open source
umgehen kann.

> > Das wiederum führt zu höherer Sicherheit auf diesen Geräten. Wenn ich
> > darauf z.B. Jails habe, weiß Facebook von meinem Telefonbuch gar nichts,
> > daß ist der beste Schutz des Adreßbuch vor Zuckerberg und Co.
>
> Es ist halt immer ein Kompromiss zwischen Bequemlichkeit
> und Sicherheit. Dass die Facebook-App Zugriff auf die
> Kontakte hat (ich nehme an, das ist mit Telefonbuch gemeint),
> hat natürlich für den Anwender einen praktischen Nutzen.

Der Zugriff ist doch derzeit viel zu grobkörnig geregelt. "Zugriff auf den
Speicher" ist was anderes als "darf im Verzeichnis .facebook lesen
und schreiben".

> > Sicher könnte es auch ein Ei sein, aber alle Welt wartet eh auf
> > "smartwatches" - warum nicht mal so? Und die Uhr hat man so ziemlich immer
> > bei sich, das spricht für die Form der Uhr.
>
> Ich trage nie eine Armbanduhr. Zum letzten Mal vor rund 25
> Jahren. Aber vermutlich bin ich da eine Ausnahme. :-)

Okay, Du kriegst dann das Ei;-)

> > Ich frage mich, wie schwierig es wäre, die Funktionen - GPS, 3G/4G und
> > Wireless, auf die Größe einer Uhr zu schrumpfen.
>
> Das ist gar nicht so schwer. Das Problem ist der Akku,
> denn alle diese Funktionen wollen hinreichend lange mit
> Strom versorgt werden. Den dafür notwendigen Akku bekommt
> man nicht in eine halbwegs tragbare Armbanduhr geschrumpft.

Das befürchtete ich schon, und fragte mich, ob die Bewegungsenergie eine
mögliche Wiederauflademöglichkeit ist.

> Kein Problem. Ich finde Deine Idee prinzipiell interessant
> (weshalb ich auch so ausführlich darauf eingehe), aber ich
> glaube nicht, dass so ein Produkt praxistauglich wäre.
> Vor allem nicht für den Massenmarkt, was aber Voraussetzung
> für eine einigermaßen kostentragende Produktion wäre.

Sagen wir mal so: Vielleicht ein oder zwei Prozent der Leute nutzen
Linux-Rechner, das ist genug für eine Anzahl von Linux-Rechner-Anbietern.

Ubuntu und Mozilla wollen ja auch auf den Markt mit "generischen"
Modellen, denen wäre es sicher recht, wenn sie eine Hanvoll von Problemen
weniger hätten, wenn sie ihre Portierung lediglich auf ein "IP-Gerät"
kümmern müßten ohne jedes Mal über die anderen Funktionen nachzudenken.

Eventuell hilft das bei ganz anderen, neuen Ideen, die sich dann um den
"Handy-Kram" nicht kümmern müssen.

Es ist durchaus auch als Unterstützung in dieser Hinsicht zu sehen.

Ich schreibe das hier nicht, weil ich vorhabe, morgen Bill Gates zu
werden, wenn jemand anders das Ding baut, gerne - ich bin interessiert.

Ein erster Schritt zum "Prototyping" wäre vielleicht etwas auf dem
Raspberry Pi basierend.. Handy-Datenverbindung über USB-Stick,
Telefon-Funktion? GPS? Gibt es dafür Module, die man einen Computer
stecken kann?

Mir fehlt eindeutig Hardwarewissen, leider. Ich werde mal etwas
weitergraben.

Es grüßt
Peter

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Received on Wed 11 Sep 2013 - 02:46:50 CEST

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