Re: Tauglichkeit von Office-Paketen und MS-Freundlichkeit

From: Christian Weisgerber <naddy(at)mips.inka.de>
Date: Thu, 19 Jul 2001 15:02:20 +0000 (UTC)

Bernd Walter <ticso(at)mail.cicely.de> wrote:

> Ich verstehe auch nicht warum bei der Rechtschreibreform die exotischen
> Umlautrelickte nicht gleich entsorgt wurden.

Das zeigt nur, dass du die Prinzipien, die der deutschen Rechtschreibung
zu Grunde liegen, nicht kennst. Und Umlaute als »exotisch« zu
bezeichnen, zeugt von einem bedauerlichen Tunnelblick.

Die Zeichen ä, ö, ü, ß sind ein wichtiger Bestandtteil der Laut-
Buchstabe-Zuordnung. Die Vokalgrapheme <ä>, <ö>, <ü> repräsentieren
die Phoneme /E/ und /E:/, /9/ und /2:/, sowie /Y/ und /y:/¹. Außer
für /E/, das auch durch <e> dargestellt werden kann, gibt es keine
Alternativen. Mit wenigen Ausnahmen wird <ä> auch nur dort für /E/
verwendet, wo eine Umlautung eines Stamms auf <a> vorliegt, z.B.
<Hand>, <Hände>. Ich kann nur raten, dass dir als Alternative die
Digraphen <ae>, <oe>, <ue> vorschweben, was aber - wie Digraphen
immer - bestenfalls als Notlösung verstanden werden kann.

Bei <ß> ist die Situation kritischer, da die Ersatzdarstellung <ss>
einen anderen phonemischen Wert hat. Die deutsche Hochlautung
unterscheidet zwischen /s/ und /z/. Die deutsche Rechtschreibung
wiederum markiert kurze Vokale (meist) durch die Schreibung des
folgenden Konsonanten. In der Lautung treten /:z/, /:s/, und /s/
auf (der freistehende Doppelpunkt markiert hier einen vorangehenden
langen Vokal), was in der Rechtschreibung entsprechend durch <s>,
<ß>, und <ss> dargestellt wird. In der Praxis wäre ein graphemisches
Zusammenfallen von /:s/ und /s/ als <ss> weitgehend unkritisch, da
es nur die Minimalpaare Maße/Masse und Buße/Busse gibt, aber es
wäre auch eine zusätzliche Abweichung vom Streben nach einer möglichst
eindeutigen Laut-Buchstabe-Zuordnung.

> Und eigene Tasten fuer Umlaute brauchts auch nicht.

In der Tat. Meine Tastaturen haben, unabhängig von der aufgedruckten
Beschriftung, alle eine US-Belegung. Was mich offensichtlich nicht daran
hindert, die gängigen diakritischen Zeichen westeuropäischer Sprachen
einzugeben. Jenseits des Zeichenvorrats von ISO Latin 1 wird die Sache
dann schon interessanter.

¹) ASCII-Lautschrift nach SAMPA.

-- 
Christian "naddy" Weisgerber                          naddy(at)mips.inka.de
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Received on Thu 19 Jul 2001 - 17:30:53 CEST

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